Laut - bunt - süß: Das ist Indonesien!

Donnerstag, 28. Oktober 2010

"Pray for Indonesia"

So titelte heute "The Jakarta Post" auf Seite 21 mit erschütternden Bildern vom Ausbruch des Vulkans "Merapi" hier auf der Insel Java. Und auf Seite 1 sind die Verwüstungen zu sehen, die der 3-8 Meter hohe Tsunami auf den "Mentawai Islands" westlich von Sumatra verursachte. Die Zahl der Toten beim Vulkanausbruch wird heute mit 31 angegeben, diejenige bei den Tsunami-Opfern mit über 300, aber die Zahlen schwanken sogar innerhalb desselben Berichts. Die Bilder und Informationen gehen natürlich um die Welt und ich berichte hier sicherlich nichts Neues.

Uns geht es im 440 km vom Merapi entfernten Bandung gut und auch ein Tsunami kann dieser 750 m über dem Meeresspiegel gelegenen Stadt nichts anhaben. Höchstens ein Erdbeben, das es heute Nacht gegeben haben soll, von dem wir jedoch nichts gemerkt haben.

Aber man leidet natürlich mit, wenn man in diesem schönen Land lebt. Die Ereignisse haben deutlich vor Augen geführt, wie sehr Indonesien Geokatastrophen ausgesetzt ist, wobei Hangrutschungen und Überflutungen viel häufiger auftreten, aber bei weitem nicht so viel Aufmerksamkeit außerhalb Indonesiens erregen. Es gibt keinen Tag, an dem in Indonesien nicht Menschen Opfer von Geokatastrophen werden.

Auch wird uns erneut bewusst, wie sehr unser aller Leben in Gottes Hand ruht, wie schnell sich alles wenden kann, zum Guten oder Schlechten. Yes, let's pray for Indonesia!

Sonntag, 24. Oktober 2010

Wir sitzen alle im gleichen Boot

Der verregnete Sommer ist nahtlos in die Regenzeit übergegangen, die von Oktober bis April dauert. Verregneter als heute kann ein Sonntag nicht mehr sein. Den ganzen Tag schüttet es wie aus Kübeln, der Himmel ist wolkenverhangen und zeitweise sieht man die gegenüberliegenden Hügel vor strömendem Regen nicht mehr. Wenn das jetzt so weitergeht bis April, na brrraaavo!

Doch es ist wenigstens noch warm dabei. Hier braucht man keine Herbst- und Wintersachen, höchstens mal eine dünne Jacke gegen Abend oder wenn der Regen - wie heute - gar kein Ende zu nehmen scheint.

Wir machen es uns zu Hause gemütlich mit Tee, Kaffee, Erdbeerkuchen und lesen viel. Matthias genießt das Ausruhen sehr. Ich habe ja jeden Tag "dolce vita" und würde gern etwas unternehmen - und wenn es nur ein Sonntagnachmittagsspaziergang wäre. Aber daran ist gar nicht zu denken... Jetzt haben wir unsere Computer gestartet. Da bieten sich ja immer ungeahnte Betätigungsfelder... ;-)

In einer E-Mail von lieben Freunden lesen wir, dass es in Hannover auch ein stürmisch verregneter Sonntag ist. Na, da verpassen wir ja nichts, das tröstet ein wenig. Da sitzen wir ja alle im gleichen Boot.

Dienstag, 19. Oktober 2010

Erst einsam - jetzt gemeinsam

Auf den Tag genau bin ich nun seit acht Wochen hier. Wie die Zeit vergeht! Matthias war ja wirklich der Einzige, den ich kannte, als ich am 24. August hier ankam. Und jetzt hat sich meine Kontaktliste doch schon um einige Namen erweitert.

Bei unserem ersten Besuch des Gottesdienstes der Universität lernten wir schon gleich eine amerikanische Familie mit vier Kindern kennen, die zeitgleich mit mir hier angekommen ist. Das ergibt natürlich sofort eine Menge an Gemeinsamkeiten und so stehen wir seitdem in sehr nettem Austausch miteinander. Bryan hat die herausfordernde Aufgabe, nicht nur an der adventistischen Universität in Bandung, sondern in ganz Indonesien das gegenseitige Verständnis von Muslimen und Christen zu fördern und Penny meistert die nicht minder herausfordernde Aufgabe, ihre vier Kinder selbst zu unterrichten, was mir einiges an Bewunderung abringt.

Auf meinen Erkundungstrips durch Bandung kam ich mir lange Zeit vor, als sei ich die einzige "Hellhäutige" weit und breit. Selten sieht man hier Touristen - ganz im Gegensatz zu Bali. So freundlich einem die Indonesier auch begegnen, die meisten sprechen gar kein oder nur rudimentäres Englisch und so sehnt man sich nach "seinesgleichen". Den entscheidenden Durchbruch brachte dann die Begegnung mit Carol!

Es gibt in Bandung einen Supermarkt (Toko Setiabudi), den wohl alle expats (Abkürzung für expatriate, also ständig im Ausland lebende Personen) kennen und dort auch einkaufen, weil es da die größte Auswahl an importierten Nahrungsmitteln sowie das frischeste und qualitativ beste Fleisch, Obst und Gemüse gibt. Trifft man dort also auf ein hellhäutiges Exemplar menschlicher Spezies, so lächelt man sich im Vorübergehen zumindest an oder grüßt sich mit einem netten "Hello!". Carol jedoch steuerte gleich direkt auf mich zu und schon hatten wir innerhalb von fünf Minuten alle wichtigen Informationen ausgetauscht: Sie ist Neuseeländerin, lebt mit ihrem Mann schon seit zwölf Jahren in Indonesien, kennt Land und Leute und vor allem die bergige Umgebung Bandungs wie aus ihrer Westentasche, da sie seit fast genau so langer Zeit eine Wandergruppe leitet. Sie lud mich gleich ein, am nächsten Donnerstag mit von der Partie zu sein. Das ließ ich mir nicht zweimal sagen, da ich sehr gerne wandere!

Bei dem zweieinhalbstündigen Marsch durch wunderschöne Natur, an dem insgesamt neun Frauen unterschiedlicher Nationalitäten teilnahmen, konnte ich meine Kontakte gleich weiter knüpfen. Nicht nur mein Englisch, das hier mächtig aufpoliert wird, auch mein Französisch konnte ich endlich wieder zum Einsatz bringen.



Reisterrassen
Und dann kam einen Tag später die entscheidende SMS von Carol, dass wir zu einem zwanglosen "pot luck get together" eingeladen sind: "You are welcome to come and meet some new people". Suuuper! Da mussten wir natürlich hin! Mit Essen und Getränken als Mitbringsel standen wir vor der Tür von wildfremden Menschen und wurden gleich herzlich begrüßt und herein gebeten. Wohl mehr als dreißig Erwachsene (meistens Ehepaare) trafen nach und nach ein, die zahlreichen Kinder, die überall in dem riesigen Haus herum tobten, gar nicht mitgezählt. Außer einem Indonesier waren wir alle "expats" aus aller Herren Länder: Australien, China, Dänemark, Deutschland, England, Irland, Neuseeland, Niederlande, USA - you name it! Die meisten leben schon jahrelang in Indonesien und können einem natürlich wertvolle Tipps geben, zum Beispiel welche Ärzte man gut konsultieren kann und so weiter.

Nun sind wir im "Verteiler" drin und freuen uns schon auf das nächste Treffen im November.


So schön sieht die Bananenblüte aus
Und hier wachsen die Früchte heran



Sonntag, 10. Oktober 2010

Zwei Stunden Deutschland in Jakarta

Hier in Bandung gibt es im normalen Stadtleben so gut wie keine westlichen Touristen. Oft bin ich im größten Einkaufsgetümmel unterwegs und sehe - wenn es hoch kommt - pro Tag ein "westliches" Gesicht, also zumindest kein asiatisch geprägtes. Wobei die Indonesier selbst gar nicht sooo asiatisch aussehen. Ich finde sie sehr hübsch, viele Frauen sind ausgesprochene exotische Schönheiten! Bei den Männern ist das eher die Ausnahme... Die Indonesier sind im Allgemeinen sehr freundlich, zurückhaltend und sanftmütig.

Es gelingt mir auch mehr und mehr, mich zu verständigen. Meine Sprachkenntnisse wachsen langsam, aber ständig. Verhungern müsste ich nicht mehr, aber viele Worte verwechsele ich noch, weil sie ähnlich klingen und ich sie mit nichts assoziieren kann. Grammatisch gesehen ist Bahasa Indonesia nicht schwer, die Verben werden nicht konjugiert, man spricht sozusagen auf Infinitivniveau, es gibt keine Tempi, keine Artikel. Dafür aber umso mehr Prä- und Suffixe, die die Kommunikation kompliziert machen.

Aber vor einer Woche konnten wir in der deutschen Sprache förmlich baden! Wir waren aus Anlass der Feier zur zwanzigjährigen Wiedervereinigung Deutschlands zum Empfang beim Deutschen Botschafter eingeladen. Der Empfang war riesig und fand im "Grand Ball Room" des Hotel Kempinski mitten in Jakarta statt. Es waren bestimmt zwischen 500 und 700 Personen anwesend, man konnte es schlecht abschätzen, da die ganze Feier im Stehen stattfand. Unter den Eingeladenen befanden sich auch viele Indonesier, die aber alle einen Bezug zu Deutschland hatten und recht gut deutsch sprachen. Wenn man sich - wie ich - oft wie ein "extra terrestrian" hier vorkommt, tut es einfach sehr gut, sich mal wieder fast wie "zu Hause" zu fühlen. Verstärkt wurde dieses Gefühl durch typisch deutsches Essen, das sich nicht nur auf fingerfood beschränkte. Neben den Grußworten des Deutschen Botschafters Norbert Baas, kam auch noch der ehemalige Staatspräsident der Republik Indonesien, Jusuf Habibie, zu Wort, der einen Teil seiner Rede sogar auf Deutsch (!) hielt, da er einige Jahre in Deutschland (Aachen) studiert hatte.
Blick auf die "Big Fountain" in der Jalan Thamrin, Jakarta

Dienstag, 5. Oktober 2010

Vom Frust zur Lust


"Was soll ich überhaupt in diesem Land?", diese Frage stellte ich mir immer wieder, als ich in der Nacht vom 23. auf den 24. September vom Flughafen in Jakarta nach Bandung zurückfuhr, nachdem ich mich von Patcy verabschiedet hatte. Es war nicht nur ein tiefer Abschiedsschmerz von meiner geliebten Tochter, sondern auch ein Ausdruck von "Kulturschock", der mich in der Woche zuvor bereits ereilt hatte. Es traf irgendwie alles zusammen.

Die Entdeckung, dass in dieser 2,8 Millionen Stadt kulturell so rein gar nichts los ist, hatte mich nämlich ziemlich enttäuscht. Im größten "Tourist Information Center" der Stadt herrschte gähnende Leere! Ich hatte gehofft, mir von dort eine Tasche voller Prospekte mitnehmen zu können, um in Ruhe die ganze Palette an Sehenswürdigkeiten, Stadtführungen, Theater-, Konzert- und sonstigen Aufführungen studieren zu können. So wie wir es halt von unseren "Tourist Informations" in Europa kennen, wo man von der Prospektfülle förmlich "erschlagen" wird. Und hier? "Tourist Information Center" stand zwar in großen Lettern draußen angeschrieben - aber wo waren die Informationen drinnen? Das "Center" präsentierte sich als ein fast leerer Raum mit einem großen Thresen in der Mitte, hinter dem dann jemand "auftauchte":
Was ich denn wolle?
Na ja, Informationen halt, was in Bandung so los ist, Prospekte, Anzeigen, Werbung mitnehmen.
Wofür ich mich denn interessiere?
Für alles! "Are there any concerts for example? Some classical music?" versuchte ich mein Ansinnen zu konkretisieren.
"Concerts???" Fragender Blick seinerseits, als ob ich von einem anderen Stern käme. "No, we don't hap!" Das "f" bzw. "v" können viele Indonesier nicht aussprechen.
Auf meine Frage, es müsse doch etwas typisch Indonesisches geben, kam er dann auf die Idee, mir ein "Angklung-Konzert" zu empfehlen, was in der Tat typisch indonesisch ist. "Angklungs" sind aus Bambus gebaute Instrumente, auf denen man jeweils nur einen Ton spielen kann. Damit überhaupt eine Melodie zustande kommt, braucht man also mehrere Spieler. Nicht selten sind in einem Orchester über 30, manchmal bis zu 100 Spieler! So ein Orchester war im Gottesdienst am Sabbat zuvor in der Universitäts-Gemeinde aufgetreten. Hört sich sehr beeindruckend an!

Wenn ich eben meine Enttäuschung zum Ausdruck brachte, dass hier kulturell gar nichts los sei, so stimmt das natürlich nur eingeschränkt. Ein "Angklung-Konzert" ist Ausdruck höchster Kultur! Auf was für eine Geschichte dieses Instrument zurückblicken kann, wird sehr interessant auf "Wikipedia" beschrieben!

An meinem Besuch im "Tourist Information Center" wird vielleicht deutlich, dass man an diese Gesellschaft nicht mit unseren Vorstellungen herantreten kann und darf. Das meine ich keineswegs abwertend! Wenn man sich mit ständigem Vergleichen beschäftigt, was man hier im Vergleich zu Deutschland NICHT hat, wie ich es getan habe, dann ereilt einen dieser "Kulturschock" halt sehr schnell. Vielmehr bin ich im Laufe der letzten Tage dazu übergegangen, mir die Vorzüge dieses Landes bewusst zu machen, was es hier an Schönem gibt. Und das ist sehr, sehr viel! Doch davon in meinen nächsten Blogs mehr.